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Wo Haarfarbe Neugier weckt

Meine ersten Erinnerungen im Zusammenhang mit Wycliffe stammen aus meiner Kindheit, die ich mit meiner Familie in Kara verbrachte. Diese wunderschöne Stadt im Norden Togos war meine erste Heimat. Wenn ich an die Zeit in Kara denke, sehe ich die gelbbraune Erde vor mir, auf der ich als kleines Mädchen herumrannte.

An dem Tag, an dem meine Mutter mich das erste Mal in den Kindergarten brachte, habe ich geweint: Ich konnte weder die Kindergärtnerinnen verstehen, die Französisch mit mir redeten, die offizielle Sprache in Togo, noch die Kinder rund um mich herum, die untereinander vermutlich Kabiye sprachen. Doch schon nach wenigen Wochen konnten wir uns alle auf Französisch verständigen.

Ich war das einzige weisse Kind im Kindergarten. Jeden Morgen fuhr meine Mutter mich mit dem Fahrrad dorthin, wobei ich hinter ihr auf dem Kindersitz sass. Als wir ankamen, klatschten die bereits eingetroffenen Kinder in die Hände und riefen mir «Suzanne, Suzanne, Suzanne!» zu – die französische Version meines Namens.

Einmal zog ein anderes Kind an meinem Rossschwänzchen, sodass das Haarbändeli herausfiel. Wahrscheinlich war das Kind einfach neugierig: Wie fühlen sich diese feinen blonden Haare an? Eine der Kindergärtnerinnen versuchte darauf, das verunfallte Rossschwänzchen zu reparieren. Aber da sie es wohl noch nie mit so feinen Haaren zu tun bekommen hatte, blieb meine Frisur für den Rest des Morgens schief – bis meine Mutter mich abholen kam.

Als ich fünfeinhalb war, zogen wir zurück nach England, wo mein Vater herkommt. Für mich war eines klar: ich wollte nicht zügeln. Denn in Kara hatte ich ja ganz viele Freunde, in England dagegen nur wenige. Lange Zeit habe ich das Leben in Kara vermisst. Sehnlichst wünschte ich mir, später selber im Ausland zu wohnen. Jedenfalls verbrachte ich eine sehr schöne Kindheit in Togo und in England.

Seit mehr als zehn Jahren lebe ich nun in der Schweiz. Erst als ich neunzehn war, reiste ich zusammen mit meiner Schwester von Neuem nach Kara. Natürlich machten wir damals auch einen Besuch im Kindergarten. Und man glaube es kaum: die drei Kindergärtnerinnen, die Köchin sowie die Rektorin waren noch dieselben. Sie alle erinnerten sich augenblicklich an «Suzanne».

Einige Monate nach diesem Besuch begann ich, Linguistik und Ethnologie zu studieren. «Aha, alles klar», folgerten die Freunde meiner Eltern, «du trittst also in die Fussstapfen deines Vaters und deiner Mutter». Für mich war das aber gar nicht klar, ich war einfach von Sprachen fasziniert… Doch ein Leben mit Wycliffe im Ausland? Das würde bedeuten, unzählige Veränderungen und Abschiede zu erleben – immer und immer wieder! Und das tut weh.

Heute muss ich allerdings gestehen: Die Freunde meiner Eltern hatten richtig prophezeit. Tatsächlich plane ich nun, mit Wycliffe im Ausland zu arbeiten. Bevor ich aber dazu bereit wurde, musste ich lernen, dass meine Heimat weder in Togo noch in einem anderen Land ist. Nicht einmal unter den Menschen um mich herum ist meine wahre Heimat, sondern allein in Gott, der mich in allem versorgt. Das zu glauben und entsprechend zu leben, ist nur im Vertrauen auf ihn möglich.

Susanna