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Beten in jeder Lage?!

«Das musst du selbst entscheiden!» Das sagte man mir als jungem Erwachsenen in wichtigen Lebenssituationen. Eigenverantwortung ist ein wichtiges Prinzip in unserer Gesellschaft. Wenn Probleme auftreten, suchen wir nach Lösungen. Ermutigt uns nicht sogar Gott selbst zu Eigeninitiative und persönlichem Einsatz? Er hat uns doch beauftragt, das Leben auf dieser Erde zu meistern! (1. Mose 1,28)

Die Frage drängt sich auf: «Weshalb dann noch beten, wenn Gott uns den Auftrag erteilt hat, das Heft in die Hand zu nehmen?» Ist das Gebet einfach der letzte Schritt in meiner Planung, damit er seinen Segen dazu gibt? Wohl kaum! Doch wie viele meiner Gebete sind genau das?

Paulus plante seine Missionsreisen gut. Auf dem Hintergrund von strategischen Entscheidungen entstanden an vielen Orten in Kleinasien und Südeuropa lebendige Gemeinden. Aber Strategie war nicht alles. In Philipper 4,6 nennt er ein weiteres Prinzip: «Macht euch um nichts Sorgen! Wendet euch vielmehr in jeder Lage mit Bitten und Flehen und voll Dankbarkeit an Gott und bringt eure Anliegen vor ihn.» Paulus wusste, dass die letzte Verantwortung nicht bei ihm lag, denn Gottes Reich wird nicht mit menschlichen Methoden gebaut. Der lebendige Gott selbst führt sein Rettungsprojekt in dieser Welt durch. Er ist der Chefstratege, wir seine Jünger. In der Abhängigkeit von ihm dürfen wir mithelfen. Genau darum ist das Gebet, das heisst das Gespräch mit ihm, so wichtig! A.W. Tozer fasst dies so zusammen: «Beten ist alles. […] Wir wollen nicht herrschen und manipulieren, sondern alles im Gebet tun, damit die Kraft Gottes und die Gnade Gottes und der Heilige Geist mit allem sind, was wir tun.» (1)

Auch die Gründer von Wycliffe waren davon überzeugt, dass Gebet wichtig ist. In den 1930er Jahren versuchte Cameron Townsend mehrmals, in Mexiko mit der Bibelübersetzung zu beginnen. Doch die Behörden legten immer wieder grosse Steine in den Weg. Im Juli 1935 hielt Onkel Cam, wie er genannt wurde, mit allen Übersetzer-Kandidaten in den USA einen «Mexiko-Gebetstag» ab. Kurz darauf wurde im Radio angekündigt, dass der mexikanische Präsident sich für eine Öffnung des Landes entschieden hat! So öffnete sich die Tür für die Übersetzungsarbeit in vielen Sprachgruppen.

Wie bekommen also die bibellosen Völker Gottes Wort in ihrer Sprache? Geld und die richtige Marketing-Strategie machen es nicht aus, auch nicht die perfekte Kommunikation oder die richtigen Partnerschaften. All dies mag einen wertvollen Beitrag leisten, doch entscheidend ist, dass wir in Einklang mit Gottes Herz unseren Teil beitragen. Und das ist ohne intensives Gebet nicht möglich.

Wer auf die Wycliffe-Webseite schaut, stellt fest, dass das Beten, das Geben und das Gehen gleichwertig nebeneinanderstehen. Alle drei Schienen sind gleich wichtig! Das möchte ich besonders den Betern in Erinnerung rufen. Eure Gebete sind wie das Öl im Getriebe. Ohne Gebet kommt früher oder später alles zum Stillstand. Merci für euren treuen Gebetseinsatz!

Was motiviert mich in meinem Einsatz für Gottes Reich? Kommt dieser Einsatz aus einer engen Verbindung mit Gott, zwischen meinem und seinem Herzen? Wenn wir darauf achten, was und wie wir beten, dann erhalten wir die Antwort auf diese Fragen!

Thomas Deusch, Leiter Wycliffe Schweiz

(1) Tozer, A.W. 2007. Gegründet im Wort, brennend im Geist. C.M. Fliss Verlag, S.42.